#SchleFaZ-Tour-Tickets:

Wozu brauchen wir noch Menschen?

702 | TVS 05/22

Letztens beim Einkauf im frisch modernisierten Supermarkt verblüffte mich eine aufregende Neuerung: zehn von zwölf Kassen, an denen man selbst die Waren scannen und elektronisch bezahlen kann, alles vollautomatisiert, ganz ohne überflüssiges Humanmaterial an den Additionsgeräten! Menschen braucht da doch kein Mensch, ist viel fresher und cooler, ganz persönlich und authentisch die Verzweiflung erfahren zu dürfen, wenn der Scheiß-Barcode nicht erkannt wird oder die verfickte Salatgurke als Ananas abgerechnet wird, als wenn eine fremde Frau für einen über vier Kassen-Schlangen die Kollegin anbölken muss, was sie denn jetzt machen solle. Und auch rein rechnerisch mega – zehn Stellen eingespart, Gewinn erhöht, das führt am Ende vielleicht sogar zu niedrigeren Preisen, wodurch sich dann auch die Arbeitslosen, die durch diese Maßnahme auf die Straße gesetzt wurden, wieder mehr leisten können – Win-Win-Doppel-Win!

Denn seien wir mal ehrlich: Menschen sind theoretisch bestimmt eine ganz nette Erfindung, praktisch gehen sie einem aber größtenteils gehörig auf den Geist. Einzeln vielleicht noch erträglich und sogar zu logischem Denken, Kreativität und Empathie fähig, in Ansammlungen aber meist nur laut, plump und streitlustig – je größer die Gruppe, desto schlimmer. Für solche Gestalten muss man sich gar nicht erst künstlich Mühe geben, da sind Maschinen wesentlich angenehmer im Umgang und weniger anstrengend. Wozu sich mit menschlicher Dummheit herumschlagen, wenn man sich stattdessen an künstlicher Intelligenz erfreuen kann?

Die meisten der früher zwingend persönlichen Human-Interaktionen sind heutzutage problemlos auch auf elektronischem Wege möglich: man kann online einkaufen, kommunizieren oder sich ins Wachkoma netflixen, sogar Sex gibt es in allen Variationen übers Internet. Auch das Fernsehen benötigt kein lebendiges Publikum, der Großteil des Programms entsteht nach dem ewig gleichen, sich endlos selbst kopierenden Standardmuster und ist mit dem sprichwörtlich gesunden Menschenverstand eh nicht vereinbar. Und um sich selbst am Laufen zu halten und Gewinne zu erzielen, braucht es nur die Quote, und die ist sowieso bloß ein auf wenigen elektronischen Daten ermittelter Schätzwert, kann man auch drauf verzichten oder sich selbst ausdenken, so dass es passt. Flutscht ohne menschliche Beteiligung alles viel reibungsloser, auch weil keiner meckert, höchstens in Kommentaren, aber selbst die werden zum Großteil über Bots und Troll-Funktionen rein digital erstellt.

Die Überflüssigkeit des Menschen ist offensichtlich. Es gibt nur wenig, was für uns spricht. Überlassen wir lieber den Maschinen, Computern und Excel-Tabellen das Feld, die bauen weniger Scheiße als wir, sind unbestechlich, bescheiden und nur selten psychotisch. Sie starten keine Kriege, bescheißen sich nicht gegenseitig und machen sich nicht rund um die Uhr bloß gegenseitig das Leben schwer. Und der Profit ist am Ende viel größer, wenn vorher nicht irgendwelche gierigen Arbeitnehmer Kohle abgreifen. Geben wir es endlich zu: ohne uns wären wir wesentlich besser dran! Ich lasse mich jetzt digitalisieren und in die Cloud hochladen, die Sicherheitskopie nehme ich mit. STRG + ALT + ENTF. Oder Netzkabel aus dem Hintern ziehen. Ende.

Lauwarme Preise

Dem Zonk sei Donk – die Retro-Welle aufgewärmter TV-Kamellen reißt nicht mehr ab! Nach dem SAT1-Erfolg von GEH AUFS GANZE schmeißt jetzt RTL das nächste eingeschweißte Uralt-Spieleformat zum Erhitzen ins Wasserbad: DER PREIS IST HEISS! Früher eher nervige Daily-Dumpf-Show-Grütze für intellektuelle Limbo-Tänzer, die gern Sonderangebots-Prospekte auswendig lernen, heute ein hoch geschätzter Gameshow-Klassiker der guten alten Zeit. Vorerst geplant für drei Primetime-Shows – wird wahrscheinlich genau so öde wie damals, aber wenn man dadurch ein neues Dating-und/oder-Promi-Konfro-Format verhindert, freut man sich heute sogar über die Langeweile von früher!

Witzbuch-Lesung

Ein Revival kommt selten allein, daher schiebt RTL gleich noch die nächste unerbetene Retro-Rückkehr hinterher: The Return of 7 TAGE – 7 KÖPFE! Jetzt allerdings wird Guido Cantz statt Jochen Busse der Witze-Talk-Tafelrunde vorsitzen, das restliche Halbdutzend Spaßaufsager soll vorerst immer wechseln, wobei als Gaststars auch alte Veteranen erwartet werden, die das wöchentliche Scherz-Massaker von damals überlebt haben. Ich geh schon mal in den Keller, um mich auf die Lachlawinen und Jux-Attacken gebührend vorzubereiten!

Spaß-Androhung

Doch, es gibt auch neue Ideen! Nachdem SAT1 die letzten Jahre mit seinen hochgradig hetzerischen Promi-Fight-Formaten aus dem Lehrbuch für blutige Kampfhund-Battles die Eskalations-Latte schon beachtlich hoch gelegt hatte, klingt der angekündigte Versuch der Reue allerdings eher wie eine Drohung, denn jetzt erwartet uns der CLUB DER GUTEN LAUNE! Promi-People von Jenny Elvers über Julian FM Stöckel bis Semmelrogge im Cluburlaub, die sich ihren Mitstreitern spielerisch beweisen und den Zuschauern gute Stimmung bereiten müssen. Ganz ehrlich – jetzt habe ich definitiv richtig Angst!

Die #SchleFaZ-Wunschfilm-Deutschland-Tour 2024

Tickets

19:00 Lübeck Kolosseum
19:00 Rostock Moya
19:00 Leipzig Haus Leipzig
19:00 Frankfurt Batschkapp
AUSVERKAUFT
19:00 Saarbrücken Garage
19:00 Kaiserslautern Kammgarn
19:00 Magdeburg AMO
19:00 München Alte Kongresshalle
19:00 Stuttgart Theaterhaus
19:00 Erfurt Alte Oper