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Langsam wird’s kriminell!

687 | TVS 16/21

Ich weiß nicht, ob Sie es bemerkt haben, aber im deutschen TV laufen relativ viele Krimis. Eigentlich sogar rund um die Uhr, überall, meist in Serienform und besonders zahlreich vorabends bei den Öffentlich-Rechtlichen, aber ebenso zwischendurch in Endlosschleife auf sämtlichen Sparten-Kanälen. Nein, der alte Zwirbelbart im ZDF mit Glatze, der ollen Ramschkram aus der Asservatenkammer an zwielichtige Krimskrams-Dealer verscherbelt, gehört nicht dazu. Das ist zwar kriminell langweilig, aber trotzdem kein Krimi. Auch nicht die lächelnden Labermaschinen, die pausenlos fremden Leuten Fragen stellen – das ist kein Verhör, das nennt man Quiz. Klar, drumherum gibt es auch noch ein paar Ärzte-Serien und Family-Soaps (in die gern mal ein kleiner Krimi-Plot integriert wird), aber der Rest an Fiction besteht fast ausschließlich aus Krimis im Murmeltier-Modus.

Die meisten davon funktionieren nach dem gleichen bekannten Muster: böser Butzemann/Butzefrau begeht ein fieses Verbrechen (Mord, Raub, Schweinerei) – Behörden/Privatermittler werden gerufen (Polizeiwache, Mordkommission, genervter mittelloser oder lässig-schwerreicher Hobby-Detektiv) – diverse Verdächtige werden befragt (Bekannte, Verwandte, Club-Besitzer, Knatterpartner des Opfers) – einer/eine davon war’s und wird am Ende verhaftet/erschossen/fällt vom Dach. Ende. So funktioniert der klassisch genormte Krimi. Vor allem in der alltäglich durchgenudelten Serien-Form, stets streng nach Formel-Fibel ohne nennenswerte inhaltlich/stilistische Abwandlungen. Die einzigen Unterschiede liegen in der Regionalität (kühler Norden mit Fisch und Korn, uriger Süden mit Bier und Schweinebraten, Soko Dings oder Bums oder Sonstwo) oder Tonalität (seriös, sozialkritisch, Schmunzel-Krimi). Daneben findet man auf den kleineren Sendern in mehrfach wiederholter Wiederholung zusätzlich die staubigen Standard-Variationen jener Fließband-Mordgeschichten aus England und den USA, mit marginal exzentrischeren Ermittlern zwischen Pater Brown und Magnum.

Klingt alles nur bedingt aufregend, aber das deutsche Publikum war durch die eigene Spießigkeit gepaart mit dem unterdrückten Drang zur Rebellion schon immer fasziniert von kriminellen Aktivitäten und zwielichtigen Gestalten, die letztlich für ihre Untaten zur Rechenschaft gezogen werden. Und wir alle wissen, wie verstört die Nation reagiert, wenn ein TATORT einmal nicht dem gelernten Muster folgt. Warum aber ist das so? Sollen wir uns durch die alltägliche Dosis Mord, Totschlag und Betrug einfach langsam daran gewöhnen, überall beschissen und betrogen zu werden? Sollen wir lernen, bei allen Ungerechtigkeiten zu schweigen, in lulliger Hoffnung, dass am Ende bestimmt noch die SoKo AllesWirdGut um die Ecke kommt um uns zu retten? Oder ist den Verantwortlichen inzwischen alles derart scheißegal, dass sie lieber auf ewig die immer gleiche Grütze produzieren, Hauptsache man kann pünktlich Feierabend machen?

Wie auch immer – das wahre Verbrechen geschieht ganz nebenbei durch genau diese Einstellung. Denn jeder emotionslos aus der Backform gedrückte Standard-Krimi raubt dem Vertreter eines vielleicht innovativeren Formats den Sendeplatz und mordet hinterrücks ein anderes Genre, bevor dies überhaupt die Chance bekommt, sich zu beweisen. Ruft bitte mal jemand die Fernseh-Polizei?

Schön und Schlau

Es war schon mal so schön vorbei, doch dann kam das Grauen zurück: BEAUTY & THE NERD! Jene unangenehm lustig gemeinte Kuppel- und Umstyling-Show von Pro7, in der jeweils acht zurückhaltende Einzelgänger und attraktive Party-People miteinander ulkige Challenges in einer Traumvilla auf Zypern bestehen müssen. Und auch wenn in der nun drohenden dritten Staffel der Neuauflage nicht mehr alle Nerds nur dicke Jungs und die Beautys dusselige Beauty-OP-Girlies sind, bleibt der hämische Grundgeschmack dieser Klischee-Vorführ-Parade doch so bitter und ranzig wie beim ersten Mal. Kann weg!

Promis und Brüder

Und noch eine unaufhaltbare TV-Grausamkeit, deren unvermeidliche Rückkehr kurz bevorsteht: PROMI BIG BROTHER! Die SAT1-Dschungelcamp-Kopie-Ersatz-Butze wird im August wieder eröffnet, nur dürfte das mit den so genannten ‚Promis‘, von denen man vorher wirklich schon einmal gehört hat, ein zunehmend größeres Problem werden. Immerhin hat man sich wenigstens einen echten Prominenten für das Intro holen können: David-TheHoff-Hasselhoff himself, in der ersten Staffel einst selbst Kurzzeit-Bewohner, wird den Titelsong schmettern! Mehr Star-Power wird’s dann auch nicht werden.

Jung und Berühmt

Beliebtester Berufswunsch bei jungen Leuten heutzutage: Influencer! Man muss nix können, nur lächeln, labern, Sachen und/oder sich selbst präsentieren, man bekommt alles umsonst, verdient viel Kohle und wird virtuell total bewundert und geliebt von irgendwem. Deshalb plant RTL2 nun mit ECHT FAME eine aufklärende neue Doku-Soap über dieses unnütze Tätigkeitsfeld mit vielen echten YouTube-Stars. Story: junges Mädchen macht Praktikum in einer Berliner Influencer-Agentur und erlebt spannende Abenteuer in ihrem neuen Job als ‚Content-Creator‘. Früher musste man dafür noch auf den Ponyhof!

Die #SchleFaZ-Wunschfilm-Deutschland-Tour 2024

Tickets

19:00 Hamburg Friedrich-Ebert-Halle
19:00 Bremen Pier 2
19:00 Lübeck Kolosseum
19:00 Rostock Moya
19:00 Leipzig Haus Leipzig
19:00 Frankfurt Batschkapp
AUSVERKAUFT
19:00 Saarbrücken Garage
19:00 Kaiserslautern Kammgarn
19:00 Magdeburg AMO
19:00 München Alte Kongresshalle
19:00 Stuttgart Theaterhaus
19:00 Erfurt Alte Oper