#SchleFaZ-Tour-Tickets:

Die wollen doch nur spielen!

751 | TVS 02/24

Ganz früher, als das Fernsehen noch jung war und unschuldig erschien, war das Publikum dankbar und bescheiden. Wer innerhalb der ulkigen Flimmerkiste auftauchen durfte, galt für die Menschen auf dem Sofa als etwas ganz Besonderes und wurde als Star oder Very Important Person bewundert. Es musste ja schließlich einen guten Grund geben, warum man ihn oder sie auf den Bildschirm ließ. Gelang es jemandem aus der Zuschauerschaft, auf der magischen Mattscheibe zu erscheinen, und sei es auch nur als debil-fröhlicher Winker irgendwo im Hintergrund, so erfüllte ihn dies mit Stolz und Dankbarkeit, hatte er doch zumindest einmal kurz an der süßen Blume des medialen Ruhms schnuppern dürfen. War man Kandidat bei einem Spiel dabei, war dies allein Ehre genug. Der Gewinn war Nebensache, es gab als Preis höchstens ein Sparschwein mit 50 Mark, ein Jahres-Abo Margarine oder ein Wanderwochenende im Hunsrück.

Das änderte sich erst durch das Privatfernsehen, als man plötzlich ganze Waschmaschinen, Kühlschränke und Autos aus dem Studio rollen durfte oder sogar 100.000 Mark gewinnen konnte, wenn man sich nur genug dafür quälte. Außerdem ließ man irgendwann wirklich absolut Jeden in die einstmals elitäre Glotzkommode und je weniger man von sich aus konnte oder desto asozialer man sich verhielt, desto mehr half dies plötzlich zum temporären ‚Promi‘ der Neuzeit und somit Teilnehmer für moralisch besonders demütigende Folterformate zu werden. Für sogenannte Normalos steigerten sich die Gewinnchancen hingegen immer mehr. Bargeld, die große Liebe, Kleinwagen, Geschlechtsverkehrs-Partner, Traumurlaube und die Möglichkeiten zur theoretischen Super-Whatever-Weltkarriere sind inzwischen Standard. Aber neben Dating und Casting wurde das Feld der spielerischen Möglichkeiten im TV irgendwann relativ eng.

Neuster Trend ist derzeit, statt lustiger Games nun bekannte Filme oder Serien als Reality-Show mit der Möglichkeit auf einen Multi-Millionengewinn nachzustellen. Sich einmal fühlen wie James Bond – auf zur ROAD TO A MILLION auf Amazon Prime. Lieber lebensgefährliche Kinderspiele mit Paintball-Bullets statt echter Kugeln? Dann bewirb Dich bei SQUID GAME – THE CHALLENGE – genau so radikal sadistisch wie in der Vorlage, aber zum Glück nicht ebenso tödlich. Im koreanischen ZOMBIEVERSE wird eine filmreife Untoten-Apokalypse nachgestellt und in den USA ist gerade eine SEX AND THE CITY – Dating-Show in Planung.

Spannend was sich international so tut. Deutschland hat auf diesem Gebiet leider nicht so viel im Angebot. TRAUMSCHIFF – ROAD TO BOREDOM klingt nach endloser Ödnis, die NOTRUF HAFENKANTE REALITY nach Fischgeruch und die ALARM FÜR COBRA 11 – CHALLENGE wie ein gewöhnlicher Freitagnachmittag auf der A2. Schätze wir bleiben da lieber bei der gewohnten Langeweile und planen besser umgekehrt fürs Kino die Action-Version von BARES FÜR RARES VS BARBARA SALESCH in Mittelerde mit Kai Pflaume als Sauron!

RTL-Jury-Shuffle

Seit Jahren schon interessiert beim SUPERTALENT und DSDS eh nicht mehr, wer gewinnt, sondern lediglich, wer diesmal neben Leatherface Bohlen in der Jury hocken muss. Sein jugendlicher Betreuer Pietro Lombardi bleibt jedenfalls sitzen, dazu gesellen sich bei DSDS Beatrice Egli und Rapperin Loredana. Aha. Beim Supertalent neben dem obligatorischen Bruce Darnell erstmalig die LET’S DANCE Tanzteilnehmerinnen Anna Ermakova und Ekaterina Leonova. Wow. Hust. Und um den Vorfreude-Puls noch weiter zu senken: statt der üblichen 10 oder 14 Folgen gibt es diesmal nur 4 – und moderiert wird von Knossi Knossalla und Victoria Swarovski. Schön. Dann können wir uns ja wieder hinlegen!

Liebes-Trottel

Endlich mal wieder ein neues Dating-Format, diesmal auf Streaming-Plattform RTL+: LOVE FOOL! Elf Jungs und elf Mädels ziehen in eine villenartige Bumsbude, manche von ihnen Singles, manche nicht, dürfen sie aber nicht verraten, dann wird geflirtet und gefummelt und getäuscht und am Ende bekommt irgendwer ein Preisgeld und vielleicht noch was zum Knattern. Alles absolut nicht neu – außer dass als närrischer ‚Fool‘ ein virtueller Spielleiter existiert, der in der Ruckelbutze auf Screens erscheint und die Kandidaten in den ‚Liebes-Wahnsinn‘ labern, Paare verkuppeln und provozieren soll. Rücksichtslos romantisch und zum Abschalten schön!

Wurst-Wahl

Nicht mehr lang, dann wird es wie in jedem Jahr wieder Zeit den Song auszuwählen, der für Germany beim ESC den letzten Platz holen soll. Um nicht erneut für das miese Abschneiden allein die Schuld zu bekommen, lässt der NDR einige Kandidaten für den Vorentscheid nun lieber vom Publikum auswählen. Dafür stellen sich 15 Talente 6 Folgen lang im Ersten und der ARD-Mediathek einem Docutainment-Casting mit Unterstützung von Rea Garvey und Conchita Wurst als Coaches. Titel: ICH WILL ZUM ESC! Einer muss ja. Aber wehe wir kommen nicht unter die Last Five! Gewinnen wäre so undeutsch.

Die #SchleFaZ-Wunschfilm-Deutschland-Tour 2024

Tickets

19:00 Hamburg Friedrich-Ebert-Halle
19:00 Bremen Pier 2
19:00 Lübeck Kolosseum
19:00 Rostock Moya
19:00 Leipzig Haus Leipzig
19:00 Frankfurt Batschkapp
AUSVERKAUFT
19:00 Saarbrücken Garage
19:00 Kaiserslautern Kammgarn
19:00 Magdeburg AMO
19:00 München Alte Kongresshalle
19:00 Stuttgart Theaterhaus
19:00 Erfurt Alte Oper