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Festival der schlechten Laune

741 | TVS 18/23

Ich mache mir inzwischen ernsthafte Sorgen um unsere Helden. Also die aus den Filmen, Büchern und Serien, die Mörger jagen, für allgemeine Gerechtigkeit sorgen oder die Welt retten. Irgendwie kommt es mir so vor, als würde es denen in der letzten Zeit nicht mehr wirklich gut gehen, zumindest im Vergleich zu früher.

Vor ein paar Jahrzehnten jedenfalls schien es noch durchaus erstrebenswert als heroischer Protagonist im Fiction-Bereich unterwegs zu sein. James Bond musste vor dem Wechsel in die 2000er zwar ab und zu mal ein wenig spionieren und kämpfen, genoss zum Dank aber ein Leben in Luxus, kam selten ins Schwitzen und die wunderschönsten Frauen klebten an ihm wie die Scheißhausfliegen. Dafür lässt man schon mal auf sich schießen, wenn eh keiner trifft. Deutsche TV-Kommissare waren bodenständiger, schienen aber auch gar nicht so viel Interesse an einem Privatleben zu haben: ein nicht allzu kniffliger Kriminalfall pro Folge, in der vorgeschriebenen Zeit ohne viel Schnickschnack ordentlich gelöst und abgeheftet, Feierabend! In den USA war man stets lockerer – neben den (meist extrem lässigen) Cops im Staatsdienst gab es dort vor allem jede Menge Privatdetektive, die zwar nur selten reich waren, ihren Job mit der gewissen Würze an Freiheit, Exotik und Abenteuer aber stets zu genießen schienen. Nicht zu vergessen das weite Spektrum ambitionierter Hobby-Detektive, die ihren Einsatz für das Gute nur freiwillig so ganz nebenbei erledigten, weil sie hauptberuflich Stuntman, Schriftsteller oder einfach unverschämt wohlhabend waren. Man denke nur an das stets bestens gelaunte Selfmade-Millionärs-Ehepaar Jonathan & Jennifer Hart, die gemeinsam mit Hund Friedwart und Butler Max en passant jede Menge Schwerverbrechen aufklärten, weil sie zu reich zum Arbeiten waren und ihnen die tägliche Routine von Wohltätigkeitsveranstaltungen, Schampus schlürfen und Bumsen irgendwann zu langweilig wurde. Selbst Bat Man lebte in den 60ern noch sorglos als vermögender Pseudo-Playboy mit Wunderknaben-Mündel Robin in einer knallbunten crazy Comicwelt, bevor er irgendwann zum hauptberuflich depressiven Dark Knight mutierte. Kurz gesagt: das Hero-Business war zwar hart, aber letztlich durchaus lohnenswert.

Spätestens im neuen Millennium hat sich dies drastisch verändert. Irgendwann wurden Helden nur noch als solche ernst genommen, wenn ihre Welt düster war und sie privat für ihre Leistungen nicht belohnt wurden, sondern vom Schicksal schichtweise Scheiße an den Schuh geschmiert bekamen. Der durchschnittliche Ermittler heute ist pleite, kettenrauchender Alkoholiker aus Verzweiflung, psychisch labil bis schwer bematscht, wohnt kacke, hat irgendwo Krebs oder Tumore im Gebälk und Kinder aus mindestens einer gescheiterten Ehe, die ihn/sie hassen, wobei die einzig wahre große Liebe ermordet wurde und die ganze Welt drumherum einfach komplett beschissen ist, bis man am Ende im Einsatz abnippelt.

Ganz ehrlich, so sehr ich persönlich auch stets ein Freund von finsterem Realismus war – so ein ganz klein wenig Hoffnung oder Freude würde ich selbst dem dunkelsten Ritter inzwischen wieder gönnen. Und wenn man als Zuschauer nicht immer das Gefühl haben müsste, für gute Taten am Ende bestraft zu werden – vielleicht gäbe es dann ja sogar endlich wieder ein paar mehr Helden in der echten Welt. Denn auch wenn einem das Happy End in der Realität meist verwehrt wird – in der Fantasie sollte es wenigstens weiterleben dürfen!

Eltern-Kinder-Verkupplung

Ich habe mich an dieser Stelle schon häufig darüber beklagt, dass im deutschen Fernsehen viel zu wenig Formate zur Partnersuche laufen. Jetzt aber erwarten uns gleich zwei davon, in denen Eltern und Nachwuchs sich jeweils gegenseitig beim Daten beobachten, kommentieren und beeinflussen dürften, nämlich DER HEIRATSMARKT in Kroatien auf Pro7 mit Kuppel-Queen Annemarie Carpendale und MY MOM, YOUR DAD bei VOX auf Kreta mit Animierhilfe Amira Pocher. Danach sind dann hoffentlich alle noch verbliebenen Single-Zuschauer unter der Haube und wir haben endlich Ruhe!

Realitäts-Schock

Da hatte das denkende Publikum schon gehofft, dass der Testlauf der neuen RTL2-Reality-Daily-Soap-Schmonzette namens B:REAL – ECHTE PROMIS, ECHTE LEBEN so wie die meisten ähnlichen Formate einfach wie gewohnt sang-und-klanglos floppt und in den Sender-Ausguss suppt – aber Pustekuchen! Unerwartet liefen die ersten 15 Test-Folgen ordentlich und Zack! wurden 100 weitere nachgeordert! Tja, Pech gehabt – jetzt haben wir den langweiligen Alltag von Pseudo-Promis wie Kader Loth, Xenia Prinzessin von Soundso und Cosimo Dingsbums für länger an der Backe! Selbst schuld – Danke für Nix!

Feier-Fähigkeiten

Früher war man dankbar für Streaming-Plattformen, weil man dort endlich dem dösigen Reality-Müll des Fernsehens entfliehen konnte. Inzwischen aber hat man zu viel für Qualität ausgegeben, muss wie überall sparen und preiswerten Billo-Bums produzieren. So auch bei JOYN, wo man nach dem geplanten RTL-Sommerhaus-Klon FORSTHAUS RAMPENSAU nun auch den unterwältigenden Überknaller PARTY WORKERS angekündigt hat: ein duftes Fun-Format, in dem fünf Männer und Frauen in einer Luxus-Villa auf Mallorca ihre Nightlife-Party-Kompetenz unter Beweis stellen müssen. Spannend wie eine zu laute Gröl-Fete beim Asi-Nachbarn, wenn man gerade schlafen will!

Die #SchleFaZ-Wunschfilm-Deutschland-Tour 2024

Tickets

19:00 Hamburg Friedrich-Ebert-Halle
19:00 Bremen Pier 2
19:00 Lübeck Kolosseum
19:00 Rostock Moya
19:00 Leipzig Haus Leipzig
19:00 Frankfurt Batschkapp
AUSVERKAUFT
19:00 Saarbrücken Garage
19:00 Kaiserslautern Kammgarn
19:00 Magdeburg AMO
19:00 München Alte Kongresshalle
19:00 Stuttgart Theaterhaus
19:00 Erfurt Alte Oper