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Das Publikums-Paradoxon

752 | TVS 03/24

Eine der ältesten und grundlegendsten philosophischen Fragen der Menschheit dreht sich um das Huhn und das Ei – genauer gesagt, was von beidem zuerst da war, weil logischerweise das eine ohne das andere eigentlich nicht existieren kann. Muss aber irgendwie mal mit irgendwas von beidem angefangen haben. Stand also irgendwann eine einsame Henne in der Botanik und drückte sich aus Langeweile ein ovales Kindergehäuse aus der Rosette, um nicht mehr allein sein zu müssen – oder wurde einst zu biblischen Zeiten dem Opa von Methusalem von einem anonymen Eiermann ohne zu klingeln ein prähistorisches Überraschungs-Ei ins Nest gelegt, aus dem statt Happy Hippo das allererste Federvieh schlüpfte? Wir werden es wohl nie erfahren und stattdessen einfach weiter unser Omelette fressen, ohne mühsam darüber nachzudenken. So funktioniert der Mensch nun mal.

Im Fernsehen beschäftigt uns seit Ewigkeiten im Grunde die gleiche Frage: war das Publikum schon immer so dämlich, dass es Qualität im Übermaß nicht mental verdauen konnte und nur deshalb so viel Schwachsinn produziert werden musste – oder wurde das willige Glotzvieh einfach konsequent so lange mit minderwertiger Mompe gefüttert, bis es so bescheuert war zu glauben, die Scheiße wäre Schokolade? Denn es lässt sich ja leider nicht von der Hand weisen, dass selbst der besemmeltste Brainfuck meist verlässliche Zahlen einfährt, oft sogar in reziproker Höhe zum geistigen Tiefstand. In einer Welt mit vernunftbegabten Wesen vor und hinter der Mattscheibe könnte eine Serie wie der verlässliche Massen-Magnet TRAUMSCHIFF – mit Geschichten, die unsere Urgroßeltern in den Fünfzigern als ‚zu plump und altbacken‘ abgelehnt hätten und bei denen ein gesundes Großhirn sich freiwillig vor Fremdscham an der Schädeldecke aufhängen würde – niemals über mehrere Dekaden ein veritabler Quotenhit werden. Hämisch hässliche Scripted Reality-Formate mit verzerrt überzeichneten Menschheits-Karikaturen, in denen uns zynisch-bizarre Storys aus dem Hirnschiss-Kotbeutel denkdyarrhökranker Autoren vor die Augen erbrochen werden, würden in einer human intakten Gesellschaft verachtet, aber niemals ungezwungen angeschaut werden. Und asozial agierende Trash-Proleten ohne Fähigkeiten wären höchstens ganz hinten in der Schlange vor dem Job-Center zu finden, aber keineswegs als vermeintliche Star-Darsteller getarnt in irgendeinem peinlichen Pimper-Promi-Bums unter Palmen.

Irgendwann vor langer Zeit wurde die TV-Welt beim Versuch sich selbst zu überholen aus der Umlaufbahn geschleudert und ist mit dem Kopf im eigenen Schwarzen Loch stecken geblieben. Und je schlimmer die Programme wurden, die am Ende hinten rauskamen, desto anspruchsloser wurde auch das Publikum und ließ es sich gefallen. Oder war es doch so, wie das Medium betont, nämlich dass es sich nur sehr schweren Herzens von der eigenen Intellektualität verabschieden und auf Knöchelhöhe bücken musste, um der dümmlichen Zuschauerschaft auf Augenhöhe begegnen zu können? Keine Ahnung wer letztlich die Schuld trägt – aber so langsam könnte man sich doch einfach mal gegenseitig vergeben und versuchen, den Teufelskreis der Blödigkeit zu durchbrechen. Denn so doof, wie das Fernsehen es behauptet, können wir alle doch gar nicht sein, oder?

Prominente Partnervermittlung

Stimmt, eigentlich gibt es schon mehr als übergenug Formate, in denen paarungswillige Singles einander zugeführt werden sollen. Das hat man bei SAT1 allerdings noch nicht mitbekommen und startet dort nun unverzagt DEIN STAR, DEIN DATE – PROMINENT VERKUPPELT. Alles so pseudo-unterhaltsam und unnötig wie immer, aber diesmal mit einem pfiffigen Schmunzel-Clou: die Liebessuchenden werden nicht von Mama oder Freunden romantisch fusioniert, sondern von lustigen TV-Persönlichkeiten wie Janine Kunze, Thomas Hermanns und Marijke Amado. Gibt am Ende zwar keine glücklichen Paare, füllt aber ein paar einsame Programmplätze und die Promis sind weg von der Straße. Näher werden wir einem Happy End nie kommen!

Still & Leise

Gewöhnlicherweise erlebt man in Game-Shows nur selten mal eine ruhige Phase, um durch das permanente Gequassel, Geschreie und Gejuchze möglichst effektiv die grundlegende Langeweile zu überspielen. Bei SILENT LIBRARY vom Streamer RTL+ wird nun aber genau diese hilfreiche Geräuschkulisse streng verboten. Hier müssen von einer Gruppe Reality-und-TikTok-Stars knifflige Aufgaben in der angestrebt absoluten Stille einer Bibliothek gelöst werden, denn überschreitet man einen bestimmten Dezibel-Level, hat man verloren. Klingt anstrengend, dafür aber auch relativ frisch und neu – und Nerv-Promis, die zwanghaft die Fresse halten müssen, sind auf jeden Fall schon mal ein Gewinn für Alle!

Bimmel Bammel!

Das haben wir nun davon! Weil der Pseudo-Promi-Rudelbums FORSTHAUS RAMPENSAU auf JOYN ein überraschender Erfolg war, droht man uns nun mit einem noch schlimmeren Spin-Off-Format. Arbeitstitel: BEI GINA-LISA LÄUTEN DIE HOCHZEITSGLOCKEN! Über den Inhalt ist noch nichts bekannt, aber der Titel lässt vermuten, dass Überdruck-Aufspritzluder GisaLina was zum Knattern suchen und dann vom Glöckner ihrer Wahl zum Traualtar geführt werden soll, wenn ihr vorher nicht die Hupen platzen. Viel Glück!

Die #SchleFaZ-Wunschfilm-Deutschland-Tour 2024

Tickets

19:00 Hamburg Friedrich-Ebert-Halle
19:00 Bremen Pier 2
19:00 Lübeck Kolosseum
19:00 Rostock Moya
19:00 Leipzig Haus Leipzig
19:00 Frankfurt Batschkapp
AUSVERKAUFT
19:00 Saarbrücken Garage
19:00 Kaiserslautern Kammgarn
19:00 Magdeburg AMO
19:00 München Alte Kongresshalle
19:00 Stuttgart Theaterhaus
19:00 Erfurt Alte Oper