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Das Fernsehen nach Corona

676 | TVS 05/21

Laut neuester Umfragen ist bei der deutschen Bevölkerung aktuell zum ersten Mal seit Beginn der beliebten Anti-Covid19-Maßnahmen eine leichte Form von sogenannter ‚Corona-Müdigkeit‘ spürbar. Die Bundesregierung zeigte sich von dieser Entwicklung überrascht, denn bisher hat sich das Konzept Pandemie weltweit als großer Erfolg erwiesen, an dessen Umsetzung sich beinahe alle Nationen mit unterschiedlichem Enthusiasmus beteiligt haben, und das mit seiner akuten Bedrohungs-Brisanz sogar ungeliebte Langzeit-Strömungen wie die quengelnden Klimaschutz-Kinder dauerhaft von Platz 1 der medialen Aufmerksamkeit verdrängte. Die Kanzlerin wies deshalb noch einmal eindrücklich auf die zahlreichen erfrischenden Neu-Ausrichtungen des Lebensalltags hin, die uns seit Beginn der Krise gemeinsam gelungen seien: gemütlicher Kuschel-Lockdown, Family-Stubenhocking, More-Time-For-Myself-Time, Klopapier-Bunkering, Auf-Wahre-Werte-Rückbesinning, NonStop-Netflixing, Bad-Hair-Months, Jogginghosen-Revival, Boredom-Sharing, Home-Office-Home-Schooling-and-Home-Everythinging sowie die lang schon überfällige Ausdünnung überflüssiger Sozialkontakte. Dennoch bleibt die Tatsache, dass ein Teil der BürgerInnen trotz aller positiven Ergebnisse inzwischen beginnt, sich nach altmodischen Prä-Corona-Aktivitäten wie Reisen, Kinobesuche und spontane Gruppen-Besäufnisse zurückzusehnen, manche sogar nach Schule oder Arbeit.

Auch das Fernsehen ist bereits dabei, eine Strategie für die fiktive, theoretisch irgendwann einmal beginnende Zeit ‚nach Corona‘ zu entwickeln. Teilnehmer an Studio-Produktionen werden weiterhin einen Mindestabstand von 2 Metern einhalten, da sich die Augen der Zuschauer inzwischen daran gewöhnt haben und das Publikum sonst anfangen würde zu schielen. Ruckelig-verschwommene Facetime-Schalten und Gast-Gespräche von zuhause via Monitor werden für alle Zeiten verboten, auf technische Fehler wegen schlechtem W-Lan drohen Stockhiebe oder Gefängnisstrafe. Einstmals kaum beachtete, inzwischen aber durch Non-Stop-Medien-Einsatz allseits bekannte Experten wie Lauterbach, Altmaier, Kekulé, Scholz, Söder, Streek und Co werden als Zwangs-Teilnehmer ins erste Dschungelcamp eingewiesen, um den durch ihre Dauerpräsenz verursachten Mangel an Prominenten-Zuwachs auszugleichen und das Publikum nicht durch weniger vertraute Gesichter zu verunsichern. Für unattraktivere Kandidaten gilt auch zukünftig eine Maskenpflicht, um Augen-Infektionen bei den Zuschauern zu vermeiden und das Abschaltrisiko zu mindern. Um die durch Covid gestiegene TV-Einschaltdauer weiter zu gewährleisten, plant die Regierung eine dauerhafte freiwillige Fernseh-Lockdown-Phase von knapp drei Stunden täglich, die Nutzung öffentlich-rechtlicher Programme soll durch moderate Steuervorteile, erhöhten Kai Pflaume-Einsatz und ein Bares-für-Rares-Treuepunkte-Bonusprogramm attraktiver gemacht werden. Sobald ein zuverlässiger Impfstoff gegen schlechte Programme vorliegt, wird eine zügige Durchimpfung der Bevölkerung angestrebt, um eine zu befürchtende Herdendebilität zu verhindern. Probleme werden nicht erwartet.

R-Tier-L

Schluss mit der doofen Menschlichkeit! Jedenfalls bei RTL am Nachmittag, wo man erkannte, dass unmenschlich schlechte Scripted-Schwachsinns-Mensch-Parodie-Programme einfach keine Quote mehr machen, obwohl sie so wunderbar billig sind. Daher setzt man jetzt auf fröhliche Viecher-Formate im Doppelpack: WIR LIEBEN TIERE – DIE HAUSTIER-SHOW mit Tipps und Tricks für alle mit animalischen Untermietern plus TIERRETTER MIT HERZ über eben solche im ärztlichen Pflegedienst. Damit spart man das Gassi gehen!

Dschungel-Nachwuchs

Die schnarchige IBES-DSCHUNGELSHOW ist glücklicherweise vorüber, das hoffentlich normaldoofe Post-Covid-Camp 2022 in der Vorbereitung und das erste Kandidaten-Trio bereits erwählt: Trash-TV-Ikone der Unbekanntheit Filip Pavlovic, Gewinner des Goldenen Tickets, Costa-Sohn und Katzenberg-Kater Lucas Cordalis und der durchgebotoxte Exzentrik-Darsteller Harald Glöööckler, um nach eigener Aussage endlich mal wieder etwas PR zu bekommen. Plus ‚Bewusstseinserweiterung‘ natürlich, was ja für alle stets der wichtigste Beweggrund ist, da man heute kaum noch einen Platz im Kloster kriegt. Prima, klingt nach dem gewohnten Mix aus Egomanie, Unwichtigkeit und Wahnsinn!

Samensuche

Wunderschöne Traumpartner für pseudo-romantisches Gepimper im Auftrag der wahren und ewigen Liebe werden schon ewig in unzähligen Knattercasting-TV-Shows gesucht. Bei TLC geht man jetzt aber praktischer an die Sache, denn im US-Format LABOR OF LOVE alias TORSCHLUSSPANIK sucht eine 40-jährige Karrierefrau nach dem perfekten Samenspender, mit dem sie sich zur Familiengründung niederlassen könnte, falls er nicht zu stark schmutzt oder müffelt. Ansonsten werden die Mutterschaft und das ganze Gedöns danach eben allein durchgezogen, aber vorher hat man wenigstens noch ne eigene Fernseh-Show. So funktioniert modernes Glück im Zeitalter des medialen Pragmatismus!

Die #SchleFaZ-Wunschfilm-Deutschland-Tour 2024

Tickets

19:00 Hamburg Friedrich-Ebert-Halle
19:00 Bremen Pier 2
19:00 Lübeck Kolosseum
19:00 Rostock Moya
19:00 Leipzig Haus Leipzig
19:00 Frankfurt Batschkapp
AUSVERKAUFT
19:00 Saarbrücken Garage
19:00 Kaiserslautern Kammgarn
19:00 Magdeburg AMO
19:00 München Alte Kongresshalle
19:00 Stuttgart Theaterhaus
19:00 Erfurt Alte Oper