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Koma-Fernsehen braucht keiner!

Oliver Kalkofe drischt in seiner „Mattscheibe“ auf das Fernsehen ein. Im Interview fordert er nun das Ende der GEZ.

Seit 15 Jahren ist Kalkofe, 43, mit seiner Sendung „Kalkofes Mattscheibe“ erfolgreich. Für Klartext zeigt der Verwandlungskünstler, wie gelangweilt viele Deutsche vom öffentlich-rechtlichen Fernsehen sind.

Herr Kalkofe, haben Sie mal Fernsehgebühren geprellt?
Natürlich, wie jeder gute Student. Man kann sich als Bafög-Empfänger ganz legal befreien lassen. Heute zahle ich, unter Protest. Ich kann mir nicht leisten, dass die Leute sagen: Der Kalkofe prellt Gebühren.

Was ist so schlimm am gebührenfinanzierten Fernsehen?
Die GEZ ist ein ungerechtes und unlogisches Zwangsabgabesystem. Ich habe nichts gegen die öffentlich-rechtliche Idee. Aber gegen einen Apparat, der Leute bespitzelt und ausspioniert. Das System ist so kompliziert, dass fast jeder Fehler machen muss.

Sagen Sie uns, wie es besser geht.
Die Sender sollten sich um ihre Programme kümmern, nicht ums Geldeintreiben. ARD und ZDF müssen frisch und innovativ sein, aber sie laufen nur der Vergangenheit hinterher. Dafür sind 18 Euro im Monat zu viel.

Sind Ihnen Korrespondenten und Dokumentationen nichts wert?
Toll, wenn man sich so was leisten kann. Aber wie viel Prozent des Programms sind, gelinde gesagt, gequirlte Kacke? ARD und ZDF machen immer noch Fernsehen, als gäbe es keine anderen Sender. Die Älteren bekommen ihr „Inzestfest der Volksmusik“. Aber die Jugend und alle unter sechzig treiben sie zu den Privaten.

In die Arme von TV-Richterin Barbara Salesch.
Wissen Sie was? Damit rechtfertigen sich die Öffentlich-rechtlichen. Die sagen: Seht ihr, so einen Mist machen wir nicht. Dafür bringen sie sieben identische Telenovelas. „Bianca – Wege zum Glück“ bis zu „Anna – Kribbeln im Schritt“. Und „Brisant“ ist wie „Blitz“, nur langsamer gesprochen. Wo ist der Versuch einer Alternative? Aus Faulheit wird die Jugend kampflos den Privaten überlassen.

Was ist mit Bruce Darnell, der von Heidi Klum zur ARD gegangen ist?
Oh ja, Bruce. Ich bin nicht sauer, dass sie ihn holen und überbezahlen. Aber die Sendung war technisch und inhaltlich wie bei den Privaten – nur viel, viel schlechter. Man will offensiv junge Leute ansprechen, stylt dann aber eine 40-jährige Landwirtin um. Das ist eine Mischung aus Dummheit, Angst und Inkonsequenz. Den Gedanken, dass die Familie wie in den Siebzigern zusammen fernsieht, muss man ihnen wohl mit Gewalt ausprügeln.

Der Rentnerkanal MDR redet sich mit seinen guten Quoten raus.
Ich möchte niemandem seinen „Mutantenstadl“ nehmen, auch nicht die Pilcherfilme. Die machen viele Menschen glücklich. Aber bitte nicht ausschließlich. Die eigene Furcht erlaubt ihnen nicht, endlich etwas zu wagen.

Ein Beispiel?
Nehmen wir „Schmidt & Pocher“. Man steckt zwei erfolgreiche Solisten zusammen und glaubt, danach würden beide Zielgruppen vorm Fernseher sitzen. Ein einziges Mal ist dort etwas Kontroverses passiert, als Lady Bitch Ray ihr Fotzenwasser mitbrachte. Da haben sich die ARD-Funkhäuser gegenseitig zerfleischt. Und die Zuschauer sich beschwert, na endlich! Koma-Fernsehen braucht keiner. Eine Late-Show muss provozieren dürfen.

Würden Sie Ihre Sendung in den Öffentlich-Rechtlichen machen?
Die „Mattscheibe“ wäre das perfekte ARD-Format für spätabends. Leider trauen die sich das nicht.

Was würde der ARD helfen?
Eine gute Late Night, eine Satiresendung, medienkritische Formate, Fictionserien. Aber die ARD versteckt ihre guten Formate in den Dritten. „Extra3“ überlebt, weil es kein Verantwortlicher guckt. Die Redaktion hat Angst, dass die Sendung zu populär wird und die Rundfunkräte merken, was sie da senden.

Genügend Geld ist ja da.
Natürlich! ARD und ZDF hätten Geld, wenn nicht alles in den Beamtenapparat fließen würde. Bei einem meiner Auftritte hatte ich ein schönes Erlebnis: Der RBB kam für eine kurze Liveschalte mit Ü-Wagen und zwölf Mitarbeitern, die vier Stunden  rumstanden. Als müssten sie ihre Angestellten irgendwie beschäftigen. Die Privaten hätten drei Leute geschickt.

Müsste man einfach mal einen coolen Intendanten installieren?
Ein cooler Mann allein könnte nicht gegen den gebündelten Irrsinn der Senderchefs bestehen. Die ARD ist ein Schlachtfeld, auf dem neun Gegner um die Stärkung ihrer eigenen Position kämpfen. Es gibt einzelne gute Leute wie Jobst Plog vom NDR. Aber dieser Apparat tötet sich selbst.

Beim ZDF ist es nicht besser.
Die wollten auch jünger werden, haben „Bravo TV“ gekauft und am Ende samstagnachts um halb zwei gesendet. Man holte sich Leute wie Schöneberger oder Serien wie die „Sopranos“ und sendete sie nachts nach dem „Sportstudio“, damit es keiner merkt. Wie blöd kann man sein?

Sie sind ein großer Quotenfeind. Warum eigentlich?
Jeder beim Fernsehen weiß, wie unsinnig die Quote ist. Vieles wird sehr genau gemessen, aber nicht die Zahl der Zuschauer. Die 5500 GfK-Geräte sagen nichts darüber, wie viele Leute wirklich zugeschaut haben. Wer von der GEZ befreit ist, wird nicht erfasst, also Studenten, Rentner, Arbeitslose. Auch nicht, wer aufzeichnet, DVDs kauft, im Internet guckt.

Was macht die BBC anders? Die senden auch Blödelschrott.
Die haben ihr Publikum erzogen, sich auf Qualität einzulassen. In England und den USA existieren fantastische Serien wie „24“, „Lost“ oder „The Office“. Bei uns wurde das Publikum intellektuell runtergedampft mit Telenovelas und handgedrehten Krimis wie „Lenßen & Partner“. Wer jeden Tag Barbara Salesch guckt, kann komplexen Geschichten wie „24“ irgendwann nicht mehr folgen.

Wann kommt Ihre eigene Serie?
Es gibt Gespräche, aber die Sender schreien nicht Hurra, wenn man etwas Eigenes machen will, das Geld kostet. Das Schlimmste, was du einem TV-Verantwortlichen sagen kannst, ist: Ich habe eine neue Idee.

Sie machen seit 15 Jahren die „Mattscheibe“. Sind Sie wütend, dass jetzt Marcel Reich-Ranicki als TV-Kritiker Nummer eins gilt?
Ich bin nicht sauer und habe den Auftritt mit Spaß gesehen. Man ist dankbar, wenn überhaupt was Unerwartetes passiert. Leider macht mir seine Version von Fernsehen noch mehr Angst. Für ihn ist schon 3sat zu anspruchslos. Die Aktion war so sinnlos wie absurd, denn was blieb am Ende? „Aspekte“ fiel aus und „Lesen!“ wurde abgesetzt. Traurig.

Der stiehlt ihnen doch die Show.
Natürlich. Ich erzähle das seit Jahren. Reich-Ranicki meckert einmal rum, und das ganze Land gibt ihm Recht. Unverschämt, so was!

  • Interview: Carsten Eberts und Martin Machowecz
  • Fotos: Thomas Klinger
  • Mit freundlicher Genehmigung vom klartext-magazin.

Die #SchleFaZ-Wunschfilm-Deutschland-Tour 2024

Tickets

19:00 Berlin Urania, Humboldtsaal
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